Ich wusste, der Tag würde irgendwann kommen – dieser eine Moment, von dem jedes Mädchen träumt. Aber wann und wie? Keine Ahnung. Nur eines war mir klar: In einem Familienurlaub mit meiner Mutter, meiner Schwester und ihrem Freund würde er es garantiert nicht tun. Dachte ich zumindest.
Ein paar Wochen vor dem Urlaub saß ich mit meiner Schwester beim Keramikbemalen, als das Thema Hochzeit aufkam. Ein Freund meinte scherzhaft: „Na, vielleicht macht er dir ja im Urlaub den Antrag!“ Ich lachte nur. „Niemals! Wir fahren als Familie – das würde er nie tun.“ (Bis zum Antrag wusste KEINER, dass er mir einen Antrag machen möchte).
Tja … hätte ich das mal nicht so selbstsicher gesagt.
Die Tage auf Rhodos vergingen. Ich hatte meine Periode, starke Schmerzen, war launisch und ehrlich gesagt: ziemlich genervt. Ständig mussten wir uns im Familienurlaub absprechen, und ich sehnte mich nach einem Moment nur für uns zwei. Als wir dann endlich spontan einen Abend allein hatten, war ich überglücklich.
Ich wollte schon immer diesen einen Ort auf Rhodos sehen – oben auf einem Berg, wo die Sonne im Meer versinkt. Ich liebe Sonnenuntergänge. Er nickte und meinte ganz entspannt: „Klar, machen wir.“ Später würden wir in unserem Lieblingsrestaurant essen – dem, in dem wir schon oft gescherzt hatten, dass wir dort eines Tages heiraten wollen.
Alles klang perfekt. Nichtsahnend machte ich mich fertig – nichts Besonderes, einfach ein Abend zu zweit.
Am Vormittag war er noch beim Friseur – ganz normal, wie in jedem Griechenlandurlaub. Ich hatte spontan gesagt, dass ich mitkomme, um ein bisschen shoppen zu gehen. Während er im Salon saß, schlenderte ich durch die heißen Gassen, bis ich plötzlich dringend auf die Toilette musste. Kein Café, kein Restaurant ließ mich rein. Ich war völlig gestresst, schwitzend und kurz vorm Durchdrehen. Als er endlich fertig war, trafen wir uns – und er ging mit mir in ein kleines Café.
Ich war schon völlig genervt, und als er einen Kaffee bestellte, sagte ich noch: „Ich will keinen Kaffee – davon muss ich nur noch dringender aufs Klo!“ Ich hatte keine Ahnung, dass er den Kaffee nur bestellt hatte, damit ich überhaupt auf die Toilette durfte. Ich war sauer, er blieb ruhig, bis er selbst genervt sagte: „Ich hab das nur gemacht, damit du aufs Klo kannst! Trink ihn halt nicht!“
Und in diesem Moment, als er plötzlich so ernst war, dachte ich ganz kurz: Oh Gott, was, wenn heute doch der Tag ist?
Er hatte nämlich immer zu mir gesagt, dass er den Antrag nicht planen kann – weil, wenn ich an dem Tag schlechte Laune habe, würde er’s einfach nicht machen. Und als er dann so pampig zurückgeantwortet hat, dachte ich mir nur: Oh nein, was, wenn doch heute der Tag ist – und ich hab’s jetzt komplett versaut?!
Aber der Gedanke war so schnell wieder weg, wie er gekommen war.
Abends saßen wir dann im Cabrio auf dem Berg, der Wind wehte, es war viel kälter als gedacht, und ich sagte noch: „Also irgendwie hab ich mir das romantischer vorgestellt.“ Er lachte, schlug vor, im Auto zu bleiben, und holte eine kleine Musikbox raus. Dann – Ed Sheeran. ED SHEERAN!
Wir hören sonst nie Ed Sheeran, aber er weiß, dass ich ihn liebe. Und da fing mein Herz langsam an, schneller zu schlagen.
Er reichte mir eine Flasche Sekt und meinte, ich solle sie öffnen. Der Korken schoss mit einem lauten Knall in den Himmel – fast durchs Dach! Wir lachten, aber was ich nicht wusste: In genau diesem Moment wollte er mir eigentlich den Ring geben. Später hat er mir erzählt, dass er, während ich die Flasche öffnete, schon die Hand an der Tasche hatte – bereit für den großen Moment. Doch als der Korken so unerwartet in die Luft schoss, war der Plan dahin.
Er musste blitzschnell umdisponieren – und stellte die Flasche deshalb einfach hinter den Sitz, völlig aus dem Konzept gebracht.
Ich sah ihn nur irritiert an. „Äh … willst du nicht einschenken? Wir müssen gleich los!“
Er sah mich an – ruhig, aber sichtlich nervös. Ich sagte noch, wie sehr ich ihn liebe, und dann fragte er plötzlich:
„Würdest du dich freuen, wenn ich was Kleines für dich dabei hab?“
Ich lachte. „Hä, was meinst du?“
„würdest du dich freuen?
Und da – dieser eine Sekundenmoment – drehte sich alles in mir. Mein Herz raste. Oh mein Gott. Jetzt? Hier?
Er stieg aus, ging ums Auto herum, warf seine Bauchtasche weg – und ich sah ihn im Seitenspiegel.
Auf einmal wusste ich es. Ich dachte nur noch: Oh fuck. Es passiert wirklich.
Er öffnete die Tür, ging auf die Knie – mitten im Wind, im Cabrio, ohne kitschige Deko, ohne Kamera, einfach nur wir zwei.
„Willst du mich heiraten?“
In dem Moment blieb die Zeit stehen. Alles war still, außer mein Herz, das klopfte wie verrückt. Ich zitterte, lachte, weinte – und sagte natürlich JA.
Und dann sah ich den Ring. Diesen Ring.
Ein Jahr zuvor hatte ich ihn auf Rhodos gesehen – mein absoluter Traumring. Ich wollte ihn damals nicht kaufen, weil ich gesagt hatte: „Er ist zu schön. Wenn ich ihn einfach so bekomme, kann kein Verlobungsring der Welt je mithalten.“
Und genau dieser Ring lag jetzt in der Schachtel.
Ich war ein komplettes Chaos aus Tränen und Lachen. Auf der einstündigen Fahrt zum Restaurant wechselten sich meine Emotionen im Minutentakt ab: Lachen, Weinen, wieder Lachen, wieder Weinen. Ich war fertig mit der Welt – aber glücklicher als je zuvor.
Im Restaurant konnte ich kein Bissen essen. Ich war einfach nur überwältigt.
Es war kein perfekt inszenierter Moment. Kein Sonnenuntergang am perfekten Spot. Kein Instagram-taugliches Märchen.
Aber es war unser Moment – chaotisch, ehrlich, echt.
Und genau das macht ihn für mich unvergesslich.
Lara
", Lara W.